7 Tage in Tromsö

Nach unserer wunderbaren Tour im Frühling mit Hurtigruten ergänzen wir unserem Traumurlaub noch mit einer Winterexkursion nach Tromsö in Nordnorwegen. Warum Tromsö? Auf unserer Hurtigruten-Tour durften wir das „Paris des Nordens“ schon einmal kurz besuchen und waren von der Atmosphäre der Stadt begeistert. Eigentlich erwartet man 344 Kilometer nördlich des Polarkreises keine pulsierende Stadt, aber Tromsö mit seinen 75.000 Einwohnern, der nördlichsten Universität der Welt, der nördlichsten Brauerei und der nördlichsten Kathedrale bietet genau das. Viele Polarexpeditionen starteten von Tromsö und so starten wir unser Abenteuer in der Polarregion Teil II.

Der erste Tag – Anreise

Früh morgens geht es mit dem Zug zum Frankfurter Flughafen, wo wir einen Direktflug nach Tromsö besteigen.

Ankunft in Tromsö:13:15 Uhr. Moment 19:15 Uhr. Nee, doch 13:15 Uhr, aber es ist stockdunkel und deswegen fühlt es sich an wie spätabends. Der nette Taxifahrer fährt uns direkt zum Scandic Ishavshotel. Unsere Juniorsuite befindet sich im 7. Stock und offenbart einen wunderbaren Blick über den Hafen, das Meer und die umliegenden Berge.

Nach dem Auspacken und Ausruhen zieht es uns in die benachbarte Pizzeria zur Nahrungsaufnahme. Ziemlich satt und müde geht es danach zurück ins Hotel… Aber die Polarlicht-Vorhersage verspricht trotz Bewölkung eine kleine Chance auf Nordlichter. Kurz entschlossen nehmen wir einen Bus zur Universität Tromsö, um am Strand „Telegrafbukta“ unser Glück zu versuchen. Blöd nur, dass die Universität im Norden der Insel liegt, aber der Strand sich in der Nähe des Universitätsmuseum im Süden befindet. Nach einer kleinen Odyssee mit den städtischen Bussen gelangen wir dann doch noch an den Strand. Allerdings sind die Zugangswege völlig vereist. Neunmalschlau hab ich mich direkt mal hingelegt, obwohl wir Spikes mit dabei hatten. Zum Thema Spikes: Zum Glück hat Kai uns empfohlen diese kleine Helfer mitzunehmen, was sich dann an diesem Abend direkt bewährt hatte. Obwohl die Bewölkung entgegen der Vorhersage nachlässt, wollen aber keine Nordlichter auftauchen. Aber in den Himmel zu schauen und zu suchen, entschleunigt ungemein.

Der zweite Tag. – Walsafari

Auf geht’s mitten in der Nacht auf den Katamaran „Brim Explorer“. Natürlich waren wir mal wieder die letzten…. Nach einer kurzen Sicherheitseinweisung ging es los zu den Walgründen. Aber erstmal müssen 60 Seemeilen bzw. 3 Stunden Fahrt in ziemlicher Dunkelheit zurück gelegt werden. Unterwegs kann man sich kaum vorstellen, dass dies ein tolles Erlebnis werden kann.

Östlich der Insel Skjervoy stossen wir plötzlich auf eine Orca-Familie, die offenbar gerade mit ihrer intelligenten Jagdtechnik Heringe jagt. Mit Hilfe des Elektroantriebes pirschen wir uns langsam an die Herde heran, die sich das auch gefallen lässt.

Leider haben das auch andere Boote mitbekommen, die sich dann ziemlich aggressiv den eleganten Jägern nähern. Die Orcas haben darauf keine Lust und tauchen erst mal ab. Um dann ganz in der Nähe unseres Bootes wieder aufzutauchen und sich längsseits zu präsentieren. Zufall?

Geduldig wartet der Kapitän und immer wieder tauchen um uns herum Orcas auf. Auch eine Orca Mama mit ihren Kleinen schwimmt an uns vorbei. Dann tauchen in der Ferne 2 Buckelwale auf. Die Walhunterboote hinterher…. Sichtlich genervt tauchen die friedlichen Riesen in die Tiefen des Ozeans ab. Beim Abtauchen in die Tiefen kann man die wundervolle Schwanzflosse der Wale sehen. Einmal hat sich einer dieser Walhunter so dazwischen geschoben, dass uns der Blick auf die Schwanzflosse verwehrt wurde. Diese Jacht suchte dann verzweifelt nach den Riesen und plötzlich tauchten die beiden vor unserem Boot auf… Zufall?

Auf dem langen Weg zurück können wir ein paar schöne Blicke auf das besondere Licht der untergehenden Sonne werfen, die ja noch gar nicht aufgegangen ist.

Der dritte Tag – Tromsöbadet

Die ständige Dunkelheit macht uns mehr zu schaffen als erwartet. Dazu spielt uns das Wetter einen Streich. Dauerbewölkung und eine sehr entmutigende Nordlicht-Prognose sorgen für depressive Stimmung. Ideale Vorraussetzung für einen Wellness Badetag im lokalen Schwimmbad Tromsöbadet. Nach einer etwas abenteuerlichen Reise mit Bus und zu Fuß (ein Dank an Kai für den Hinweis mit den Spikes), geniessen wir die wirklich schöne Anlage in vollen Zügen. Wellenbad, Whirlpool, Sauna, Hitzegrotte, Rutsche, Hindernisparcours und ein Außenbecken machen sehr viel Spaß. Im Außenbecken können wir einer Biathletin beim Training zuschauen. Der Blick von hier zu den Lichtern von Tromsö und den benachbarten Inseln ist einfach wundervoll. Das Schwimmbad ist unglaublich sauber und niemand scheint sich Sorgen wegen Fußpilz oder ähnlichen Ekeleien zu machen. Es riecht auch nicht nach Chlor und ein langer Aufenthalt im Wasser scheint die Haut auch nicht so zu belasten wie bei uns.

Der vierte Tag – Hundeschlitten

Schon morgens früh geht es mit dem Bus zum Tromsö Villmarkscenter, einer Husky Farm auf der Insel Kvaløya. Mit Thermoanzug geht es dann zu zweit rauf auf die Schlitten und los geht’s.

Die erfahrene Musherin lenkt uns sicher durch die wilde arktische Landschaft. Ein Schneesturm gibt dem ganzen noch so ein richtiges arktisches Flair. Man fühlt sich wie beim berühmten Schlittenhunderennen in Alaska. Die Huskies geben alles. Der Chef-Husky manövriert die Horde, der Nebenhusky heult die ganze Zeit, denn er denkt er sei der Chef. Die Meute hinterher… Für das große und kleine Geschäft bleibt keine Zeit – das wird während der Fahrt erledigt. Im Schlitten hat man das ganze Abführ-Panorama gut im Blick. Eine Stunde dauert das Vergnügen, am letzten Anstieg mühen sich die Tiere merklich, aber ein echter Alaskian Husky kennt keine Schwäche. Nach der Ankunft muss natürlich jeder einzelne Husky ausgiebig gelobt werden.

Nun geht es zu den Puppies. Süße Huskybabies warten auf ihre Knuddeleinheiten. Aber vorher müssen die Kleinen erstmal eingefangen werden. Chris, ein neuseeländischer Husky-Guide, erklärt uns alles ausführlich.

Noch eine Runde Kuscheln mit den „alten“ Hunden und dann geht’s zum Aufwärmen in ein Sami-Zelt mit warmer Suppe und heißer Schokolade. Dazu ein paar nette Gespräche mit zwei Hongkong-Chinesen und einer Korsin. Obwohl das schon ein sehr ereignisreicher Tag war, ist es erst Mittag, als wir zurück zum Hotel kommen. Das schlechte Wetter wird leider nur noch durch die katastrophale Wetter- und Polarlicht Vorhersage übertroffen. Kurz entschlossen buchen wir für Montag eine Northern Lights Chase, sonst wird das wohl nichts mehr mit den Nordlichtern. Ein ziemlich durchgeknallter, aber sympathischer Katalane verkauft uns die letzten drei Plätze und weil wir beide Pep Guardiola verehren, gab es für unsere Tochter noch einen Rabatt.

Zum Nachmittag steht noch der Besuch des Polaria-Museums an. Zunächst werden wir Zeuge einer Robben-Fütterung bzw. eines Trainings. Ganz nett. Danach eine Runde durch das Museum mit Aquarien, Erklärungen zur Arktis und dem obligatorischen Anmahnen der Klimaveränderungen. Ganz nett, aber deprimierend. Zum Schluss gibt es noch einen sehenswerten Panoramafilm über Spitzbergen, der Lust macht auch diese Inselgruppe zu besuchen.

Der fünfte Tag – Depression

Eine Konjunktivitis unserer Tochter macht leider einen Besuch der Notaufnahme am Universitätsklinikum erforderlich. Trotz Warnungen, das man dort Stunden verbringen muss, sind wir nach einer Stunde mit einer geeigneten Medikation dort wieder raus. Das Personal dort ist sehr nett und entgegenkommend.

Danach Tristesse… Wetter schlecht, Dunkelheit nervt. Keine Lust auf irgendein dusseliges Museum. Leckere Burger-Bar gefunden, danach in der Bar bei einem Isbjørn Bier von der hiesigen Brauerei Mack gespielt.

Trotz leckerer Burger eher ein Tag zum Vergessen.

Der sechste Tag – Nordlichter

Dieser Tag steht ganz im Zeichen der abendlichen Jagd nach Nordlichtern. Vorschlafen, Fitness und Packen.

Um 19 Uhr geht es mit dem Bus los in Richtung des Aurora Camps in Skibotn. Das Wetter spielt leider nicht mit, tiefe Wolken verhindern den Blick auf die Sterne und die Nordlichter. Je näher wir dem Aurora Camp kommen, desto schlechter wird das Wetter. Die beiden erfahrenen Guides schmeissen kurzerhand das Programm über den Haufen und es geht weiter zur finnischen Grenze. Immer höher, immer kälter, immer weiter geht es durch einen schneeverhangenen Märchenwald. 50 Meter vor der finnischen Grenze stoppt der Bus plötzlich, weil es auf einmal sternenklar ist. Und hinter dem Bus tauchen Nordlichter auf. Kameras zücken, Stative aufbauen, es herrscht ziemliche Aufregung. Damit hat so schnell niemand gerechnet.

Wie uns die Guides schon vorgewarnt hatten, sind Nordlichter mit dem Auge lange nicht so eindrucksvoll wie mit einer Kamera. Ketzerisch gesagt sind die Nordlichter von Wolken kaum zu unterscheiden. Aber sie bewegen sich völlig anders. Mal hier, mal da, mit tänzelnd ist das gut beschrieben. Leider kommt dann sehr schnell eine Wolkenwand und es beginnt zu schneien. Am Lagerfeuer mitten auf dem Parkplatz kochen die Guides dann eine leckere Suppe. Mit den Nordlichtern war es dann vorbei. Schade, aber immerhin welche gesehen. Und bei dem Scheißwetter war das ein kleines Wunder. Auf dem Weg zurück nach Tromsö geben die beiden Guides alles, um noch Nordlichter zu finden, aber das Wetter lässt das nicht zu. Kurz nach eins sind wir müde, aber irgendwie zufrieden wieder im Hotel.

Der siebte Tag – Sylvesterkonzert

An Sylvester begrüsst uns Tromsö mit ein bisschen mehr Helligkeit als sonst und lädt uns zu einem Stadtspaziergang ein. In den paar wenigen helleren Stunden können wir ein bisschen bummeln und Souvenirs für die Daheimgebliebenen erstehen.

Am Abend geht es dann zu Fuß über die „Tromsøbrua“, die über den Tromsøysund führt, und es eröffnet sich ein wunderschöner Ausblick auf die Lichter der Stadt. Für uns ungewöhnlich zelebrieren die Norweger Sylvester für die Kinder bereits in den frühen Abendstunden mit allerlei Feuerwerk und Geböller. Wir sind unterwegs zur Eismeerkathedrale, wo um 21:00 ein Sylvester Konzert stattfindet.

Die Akustik in der Eismeerkathedrale ist einfach phantastisch. Die Sopranistin Anne-Berit Buvik, der Cellist Georgy Ildeykin und der Pianist Ole Bolas verzaubern das Publikum in der Kathedrale. Sie tragen virtuos skandinavische Lieder und klassische Stücke in eigenen Variationen vor.

Nach dem Konzert müssen wir uns ein wenig beeilen, um noch mit der letzten Fahrt der Seilbahn auf den Fjellheisen zukommen. Von dort oben haben wir einen traumhaften Blick auf Tromsö und Umgebung. Überraschenderweise wird einige Minuten nach Mitternacht dort oben ein fantastisches Feuerwerk abgefackelt. Ein wirklich wundervoller Moment zum Ausklang unseres Kurztrips nach Tromsö.

Am nächsten Tag geht es dann wieder zurück in die Heimat. Die schöne Zeit in Tromsö brachte uns vor allem Entschleunigung und noch einmal völlig neue Eindrücke dieser Region. Und dennoch: Wir freuen uns sehr auf die Helligkeit daheim.

Traumreise Hurtigruten – Eine Reisebeschreibung

Ein lang gehegter Traum geht in Erfüllung: Am 14.04.2019 fliegen wir von Düsseldorf über Amsterdam nach Bergen.

Mit dem Bus geht es vom Flughafen zum Hafen zur MS Finnmarken. Nach der Einschiffung werden wir freundlich genötigt das Sicherheits-Briefing im Konferenzraum zu absolvieren. Danach das Schiff inspizieren, Kabine in Besitz nehmen und Abendessen. Um 22.30 Uhr legt die MS Finnmarken pünktlich ab.

Der 1. Tag

Der erste Highlight: Das Auslaufen aus Bergen. Voller Vorfreude fasziniert das Lichterspiel der langsam vorbeiziehenden Häuser und Brücken.

Der kühle Fahrtwind gibt schon einen ersten Vorgeschmack auf die zu erwartenden Temperaturen. Nach dem langen Anreisetag ziehen wir uns durchgefroren und müde in die Kabine zurück.

Der 2. Tag

Eine erste unruhige Nacht: Lag es an der anstrengenden Anreise, der ungewohnten Umgebung, den ungewohnten nächtlichen Geräuschen beim Anlegen in Florø und Måløy, der unruhigen See oder der Aufregung, was wir auf dieser Traumreise erleben werden? Wahrscheinlich von allem so ein bisschen. Beim Blick aus den beiden Bullaugen zeigen sich schönes Wetter und eine unruhige See. Und vor allem die ersten Eindrücke der norwegischen Küste. Schnell geduscht und rauf auf Deck 5 zum Bug, um alles live und in Farbe zu sehen. Das zweite Highlight: Die MS Finnmarken macht sich gerade auf dem Weg um das Westkap.

Hier wirkt die Dünung des Atlantiks intensiv auf das Hurtigruten Schiff ein, zum Glück ist die See relativ ruhig. Das Blau des Atlantiks und die schroffen und sanften Küstenlinien wirken schon auf die vom Alltags- und Berufsleben gestresste Seele beruhigend ein.  Kurz vor Ålesund zweigt der berühmte Geirangerfjord ab, der leider im Frühling von Hurtigruten nicht befahren wird. Ein kleiner Wermutstropfen bevor wir zum dritten Highlight der Reise kommen. Langsam nähert sich das Schiff Ålesund. Perfektes Wetter, kein Wölkchen am Himmel. Aufregung wegen des ersten Landgangs: wie geht das? Kommen wir rechtzeitig zurück zum Schiff? Finden wir uns zurecht? Lange vor der Reise haben wir uns entschieden nicht die teuren Landausflüge von Hurtigruten zu buchen, sondern die Städte auf eigene Faust zu erkunden. Unser erstes Ziel ist Aksla, der Hausberg von Ålesund. Lediglich 418 Treppen trennen uns von einem wunderschönen Ausblick auf das Jugendstil-Städtchen.

Überraschenderweise findet sich oben kein Sauerstoffzelt, aber ein Restaurant mit Aussichtsplattform. Schneebedeckte Berge, tiefblaues Meer, wunderschön gelegene Inseln, blauer Himmel und in der Ferne die Vogelinsel Runde rahmen das wunderschön gelegene Ålesund.

Unten wieder angekommen eine kleine Stippvisite zum Denkmal von Kaiser-Wilhelm II., der beim Wiederaufbau von Ålesund nach einem verheerenden Brand eine wichtige Rolle spielte. Von weiteren positiven deutschen Einfüssen war im weiteren Verlauf der Reise leider nichts zu hören – im Gegenteil hat die deutsche Wehrmacht mit der Politik der verbrannten Erde verheerende Spuren Norwegen hinterlassen. Zurück zur Gegenwart – ein kleiner Spaziergang am Hafen entlang offenbart die hübschen Jugendstil-Häuser und die freundliche Atmosphäre der Stadt.

Rechtzeitig zum Ablegen der MS Finnmarken sind wir wieder an Bord. Nächster Halt Molde. Geplant ist ein kleiner Abendspaziergang, da das Schiff nur eine halbe Stunde Aufenthalt hat. Glücklicherweise legt die MS Finnmarken früher als geplant in Molde an, so dass wir ein bisschen mehr Zeit für einen kleinen Rundgang haben. Wir sehen ein nettes Städtchen und lassen den ereignisreichen Tag mit ein paar leckeren Smultringer (das vierte Highlight) vom Marktplatz in Molde ausklingen.

 

Der 3. Tag

Schon seit 6:00 Uhr liegt die MS Finnmarken in Trondheim, der drittgrößten Stadt Norwegens. So früh es für uns möglich ist, machen wir uns auf den Weg die Stadt zu erkunden. So richtig will der Funken der Metropole nicht auf uns überspringen. Erst als wir zu den Speicherhäusern von Bryggen kommen, zeigt sich Trondheim von seiner schönen Seite.

Wir schlendern durch das Arbeiterviertel Bakklandet zur Gamle Bybrua, einer wunderschönen hölzernen Stadtbrücke.

Ein paar Minuten weiter eröffnet sich der Blick auf den prachtvollen Nidarosdom, dem Nationalheiligtum der Norweger. Die ebenso prachtvollen Eintrittspreise verhindern leider den Einblick ins Innere.  Auf dem Weg zurück zum Hafen machen wir noch auf einen Kaffee Halt im Museum Rockheim. Vom Cafe aus haben wir einen schönen Blick auf Trondheim, bevor wir wieder aufs Schiff zurückkehren.

Der 4. Tag

Um 7:00 Uhr ertönt eine Durchsage, dass die MS Finnmarken in 10 Minuten den Polarkreis überqueren wird. Flexibel wie wir bekannterweise sind, ziehen wir uns eine dicke Jacke über den Schlafanzug und gehen rauf auf Deck 5 zu meinem Lieblingsplatz, um das fünfte Highlight zu erleben. Bereits am Vortag konnte man die Zeit voraussagen, wann genau das Schiff den Polarkreis überqueren wird. Wer der tatsächlichen Zeit am nächsten kommt, erhält die vom Kapitän signierte Hurtigruten-Flagge der MS Finnmarken. Und tatsächlich: es ist 07:09 Uhr und der Globus, der den Polarkreis anzeigt, ist zum Greifen nah. Für meinen Tipp 07:12.12 Uhr sieht es richtig gut aus. Eine gefühlte Ewigkeit später ertönt das Schiffshorn und kennzeichnet den wichtigen Moment um 07:14 Uhr. Leider ein bisschen zu spät und nicht gewonnen. Enttäuschung macht sich breit.

Zwei Stunden später legt das Schiff in Ørnes an. Es wird immer nördlicher, Schnee wird immer mehr das bestimmende Element.

Auf Deck 8 stand nun die Polarkreistaufe an, das sechste Highlight der Reise. Der Gott des Meeres Njord tauft die mutigen Reisenden und schüttet ihnen Eiswürfel und Eiswasser in den Nacken. Durch diese Mutprobe gestählt sind wir bestens für die bevorstehende nordische Kälte präpariert. Neue Crewmitglieder bekommen hingegen den gesamten Bottich ab. Zwei neue Köche müssen daran glauben…

Der nächste Hafen: Bodø. Ein Ausflug zum Gezeitenstrom Saltstraumen erscheint aufgrund der Vorhersagen der Tiden nicht sinnvoll. Deswegen fahren wir mit dem Taxi zum Rønvikfjell und geniessen den Ausblick auf Bodø. Hier soll es Seeadler geben, die sich an diesem Tag aber leider nicht die Ehre geben.

Zurück geht es zu Fuß zum Hafen. Frühlingshafte Temperaturen bei viel zu warmen Klamotten und ein nicht so schöner Rückweg machten das Vorhaben ziemlich mühsam. Pünktlich um 15 Uhr legt das Schiff in Richtung der Lofoten ab. In der Ferne werden bizarre weiße Formationen sichtbar. Auf den ersten Blick erinnert das an eine Armada von Eisbergen.

Immer näher kommt die „Wand der Lofoten“, das siebte Highlight der Reise.

Um 19 Uhr legen wir in Stamsund auf den Lofoten an. Der Aufenthalt ist zu kurz für einen Landgang. Weiter geht es entlang der Küste der Lofoten nach Svolvær. Erstmals erobern wir drei Plätze im Panoramadeck auf Deck 8 und lassen die Lofoten langsam an uns vorbei ziehen. Da wir noch ein bisschen müde vom Tagesausflug sind und unseren Platz auf dem Panoramadeck nicht aufgeben wollen, nutzen wir nicht die Gelegenheit Svolvær einen kurzen Besuch abzustatten. Stattdessen erleben wir im Dunkeln die Fahrt durch den Raftsund. Glücklicherweise wird es nicht mehr vollkommen dunkel, so dass die Fahrt durch den engen Sund trotzdem ein Erlebnis ist. Kurz vor Mitternacht soll ein weiterer Höhepunkt erfolgen: die Fahrt durch den Trollfjord. Aufgrund von Lawinengefahr ist allerdings eine Fahrt durch den Trollfjord nicht möglich. Trotzdem manövriert das riesige Schiff zentimeterweise in die Einfahrt und leuchtet mit einem Schiffsscheinwerfer den Trollfjord aus. Uns erschliesst sich der Sinn dieser Aktion nicht so ganz, denn so richtig viel ist in der Dunkelheit nicht zu sehen. Letztlich völlig egal, denn die Fahrt auf dem Panoramadeck an den Lofoten vorbei, war das achte Highlight, ein tolles Erlebnis.

Der 5. Tag

Weiter geht es gen Norden. Die Vegetation wird immer karger, das Weiß des Nordens bestimmt immer mehr die Landschaft.

Wir nähern uns dem neunten Highlight: Tromsø, die nördlichste Metropole der Welt, Ausgangspunkt von vielen Arktis-Expeditionen. Unser Plan: Wir fahren mit einem öffentlichen Bus vorbei an der Eismeerkathedrale zur Fjellheisen-Seilbahn, um auf den Hausberg von Tromsø, dem Storsteinen zu gelangen.  Hier eröffnet sich auf einer Aussichtsplattform ein wunderschöner Ausblick auf Tromsø und die Umgebung.

Im Cafe neben der Aussichtsplattform geniessen wir einen Kaffee und einen Kakao mit dem Blick auf Tromsø, bevor wir uns wieder auf den Weg zurück zum Schiff machen. Unterwegs mit dem Bus fällt auf, dass hier neben den geräumten Straßen teilweise meterhoch der Schnee liegt. In Tromsø herrscht eine freundliche und lebendige Atmosphäre. Vermutlich wird das nicht das letzte Mal sein, dass wir Tromsø einen Besuch abstatten.

Der 6. Tag

bringt uns an den nördlichsten Punkt der Reise. So viele Menschen träumen davon diesen Ort zu erreichen, das Nordkap. Aber eins nach dem anderen. Um 11:15 Uhr legt die MS Finnmarken in Honningsvåg an, Ausgangspunkt der Nordkap-Exkursionen. Mit einem lokalen Bus fahren wir bei herrlichstem Wetter Richtung Nordkap. Die halbstündige Fahrt führt vorbei an schneebedeckten Hügeln, wunderschönen Panoramas und einer Rentierherde.

Das zehnte Highlight ist natürlich das Nordkap. Und wir sind da … bei schönsten Wetter … Unglaublich!!!

Und einer der sehr seltenen Momente an diesem Ort:

Hier noch einige Impressionen vom Nordkap.

Ein faszinierender Ort. Hier sprechen Bilder mehr als Worte. Nur der eisige Wind ist nicht mit Bildern einzufangen.

Auf dem Weg zurück zum Schiff müssen wir einem anderen Bus wegen einer Panne helfen. Dadurch kommen wir nicht rechtzeitig zurück zum Schiff. Der Fahrer beruhigt uns, dass das Schiff warten würde. Und dann sagt er „I guess…“. Das ist der Moment, wo sich im Bus eine gewisse Anspannung breit macht. Daran kann auch ein Rudel Schweinswale nichts ändern, die sich fröhlich in einer Bucht tummelten. Der Busfahrer fährt im Hafen fast bis aufs Panoramadeck und so geht das gerade noch mal gut . Puuuhhhh.

Im weiteren Verlauf des Tages geht die Fahrt weiter Richtung Osten in die Barentssee. Die Küstenlandschaft ist äußerst karg, keine Vegetation, an Backbord tauchen vereinzelt sogenannte Blas – Atemluftfontänen von Walen auf.

Der 7. Tag

Die MS Finnmarken nähert sich der russischen Grenze. Erstaunlich ist, dass wir uns so weit im Norden inzwischen östlicher als Istanbul befinden. Eine Durchsage verkündet eine schlechte Nachricht. Leider wurde aufgrund von Schneemangel unsere Hundeschlittentour abgesagt. Das dauerhaft schöne Wetter hat also auch einen Nachteil. Stattdessen haben wir den Ausflug zum Schneehotel gebucht, weil das auch einen Abstecher zur Huskyfarm direkt nebenan möglich macht. Nach dem Anlegen in Kirkenes geht es mit dem Bus direkt los zum Snowhotel. Der etwas übermotivierte Tour-Guide Timo aus Leverkusen versucht uns Kirkenes und Umgebung vergeblich als großartige Sehenswürdigkeit darzustellen.  Das Schneehotel ist dann aber doch interessanter als erwartet:

In einem überdimensionalen Iglu befinden sich Zimmer mit Kunstwerken aus Eis an den Wänden und sogar die Betten sind kunstvoll aus Eis hergestellt. Im Hotel muss die Temperatur auf -4 Grad Celsius sein, somit ist es drinnen kälter als draussen. Nach einem kleinen Snack geht es endlich zum elften Höhepunkt, der Huskyfarm. Und es gab Welpen…

Nach einem Abstecher zum Rentiergehege geht es dann mit dem Bus zu einem Aussichtspunkt mit einem schönen Blick über Kirkenes.

Um 12.30 Uhr legt die MS Finnmarken ab und macht sich auf den Weg zurück südwärts Richtung Bergen. Nach dem Wendepunkt der Reise läuft das Schiff zur Verwirrung des geneigten Lesers doch wieder ein Stück nach Norden bis nach Vardø. Gemeinsam mit den Young Explorern geht es in Vardø im Höllentempo an der Festung vorbei zum Mahnmal für die Hexenverbrennung in Norwegen, dem Steilneset Minnested.

Das Mahnmal präsentiert sich eindrucksvoll, aber auch sehr bedrückend. Eine Stunde Aufenthalt ist leider zu knapp, um diese Sehenswürdigkeit angemessen zu würdigen.

Pünktlich um 16:45 Uhr geht es bei schlechter werdendem Wetter weiter Richtung Westen. Das zwölfte Highlight ist bei unruhiger See und eiskaltem Wind über der Barentssee alleine auf Deck 5 zu stehen und den nordischen Gewalten zu trotzen.

Nachdem wir am Vortag den Flaggenschwenkwettbewerb in Berlevåg verpasst haben, ist es heute abend soweit, Highlight Nummer dreizehn steht auf dem Plan. In Berlevåg treffen sich jeden Tag gegen 22 Uhr das nord- und südgehende Schiff der Hurtigruten-Flotte und tragen einen epischen Wettbewerb aus, bei dem so viele Flaggen wie möglich mit Musik und irrem Getöse geschwenkt werden . Die Besatzung und die Passagiere der MS Polarlys bemühen sich zwar redlich und schwenken sogar Bettlaken, aber gegen die unfassbare Partystimmung der MS Finnmarken können sie nichts ausrichten und belegen einen guten zweiten Platz. Der verdiente Sieg wird auf Deck 5 noch ausgiebig gefeiert, bevor der aufregende siebte Tag zu Ende geht.

Der 8. Tag

Heute steht Hammerfest, die nördlichste Stadt der Welt, auf dem Programm. Wieder steht ein Kurzspaziergang mit den Young Explorern durch die Stadt an.  Nettes Städtchen, aber leider wieder viel zu wenig Zeit. Am Ende des kurzen Ausflugs bleibt noch etwas Zeit um ordentliches Mitglied in einem elitären Club, der „Royal and Ancient Polar Bear Society“ zu werden.

Weiter geht es an diesem Tag Richtung Tromsø an alpin anmutenden Küsten vorbei. Nach so vielen Tagen in der Polarregion kommt langsam der Wunsch nach ein bisschen Vegetation auf. Und leider wird auch noch das Wetter immer schlechter. Auch der angekündigte kleine Abstecher in den Lyngenfjord versank trotz bester Plätze auf dem Panoramadeck zwischen tiefhängenden Wolken und Nebel.

Der 9. Tag

Der 9. Tag begrüsst uns dann mit richtig schlechtem Wetter. Langsam kommt auch die Vegetation zurück, auch wenn das weiß immer noch sehr dominant ist. Bei der Fahrt durch die Risøyrinne, einer für die Hurtigruten künstlich angelegten Fahrtrinne werden wir vom Regen noch verschont. Aber in Stokmarknes giesst es dann in Strömen. Glücklicherweise ist bei dem kurzen Aufenthalt hier ein Besuch des überdachten Hurtigruten-Museums mit den Young Explorern geplant: Interessantes Museum mit vielen Ausstellungsstücken aus den frühen und früheren Zeiten der Hurtigruten-Linie. Die Fahrt führt uns weiter nach Süden. Im weiteren Verlauf des Tages passieren wir bei die Inselgruppe der Vesteralen und erreichen schließlich die Lofoten. Aufgrund des schlechten Wetters fällt die atemberaubende Fahrt durch den Raftsund und den Trollfjord buchstäblich ins Wasser. Auf dem Panoramadeck auf Deck 8 finden wir immer öfter gemütliche Plätze, aber leider lässt sich die Schönheit dieser Passage nur erahnen. 

Am Abend gegen 18:30 Uhr erreichen wir die Hauptstadt der Lofoten Svolvær. Hier haben wir kurzentschlossen zwei Ausflüge gebucht. Die Mädels machen einen Abenteuer Ausflug auf Islandpferden und ich versuche die Inselwelt der Lofoten im Bus zu erkunden. Bei beiden Ausflügen verpassen wir die vermutlich sehr unruhige Fahrt der MS Finnmarken von Svolvær nach Stamsund und steigen im letztgenannten Hafen wieder zu.

Inselwelt der Lofoten

Ein witziger Holländer, der auf den Lofoten wohnt, textet uns in Norwegisch, Deutsch und Englisch während der gesamten Fahrt zu. Zunächst steuert der Bus die Vågan-Kirche, die sogenannte Kathedrale der Lofoten in Kabelvåg an.

Die Busfahrt führt uns zum vierzehnten Highlight, dem malerischen Fischer- und Künstlerdorf Henningsvaer, das sich auf viele kleine Inseln verteilt. Beim Ortseingang machen wir einen olfaktorisch gewöhnungsbedürftigen Halt an einer modernen Stockfisch-Trocknungsanlage.

Am Ende des Spaziergangs durch Henningsvaer eröffnete sich der Blick auf ein kleines mit dem malerischen Fischerörtchen kaum zu vereinbarendes Fußballstadion mit Kunstrasen. Auf den „Tribünen“ wurde massenweise Stockfisch getrocknet. Soll der intensive durchdringende Geruch die heimische Mannschaft dopen oder ist das eher zur negativen Beeinflussung des gegnerischen Teams gedacht?

Einige Impressionen aus Henningsvaer:

Weiter geht die Fahrt durch die beeindruckenden Landschaften der Lofoten. Steil ansteigende Berge, weite Täler, Seen, Meerengen und eine sich immer wieder verändernde Natur. Trotz des schlechten Wetters  und teilweise nebelverhangener Landschaften bekomme ich einen ungefähren Eindruck, wie schön die Lofoten wohl bei schönem Wetter sind.  Aber es macht definitiv Lust nochmal hierher zu kommen. Rechtzeitig erreichen wir unser Schiff in Stamsund. Nach dem Ablegen überqueren wir in der Nacht den Vestfjord bei unruhiger See Richtung Bodø.

Der 10. Tag

Zum zweiten Mal nur diesmal in der anderen Richtung überqueren wir den Polarkreis. Kurz nach dem Passieren des Berges Hestmannen kommt die Weltkugel, die den Polarkreis repräsentiert in Sichtweite. Und das schöne Wetter ist wieder da. Auf Deck 8 kann man einen Original Hurtigruten Löffel bekommen, allerdings muss man dafür einen Löffel Lebertran vertilgen. Der Experimentierfreudigkeit sind dann doch Grenzen gesetzt und wir ziehen ohne Löffel wieder ab. Auf dem Weg nach Süden präsentiert sich Norwegens Küste wieder ein voller Schönheit. Rund um die Stadt Sandnessjøen präsentieren sich atemberaubende und legendenträchtige Bergformationen (fünfzehntes Highlight).

Diese Bergformation wird die sieben Schwestern genannt und ist genauso wie der Berg Hestmannen Teil einer norwegischen Sage. Das prächtige Farbenspiel des Meeres, der Küste und der Berge fasziniert einfach immer wieder. Als nächsten Hafen läuft die MS Finnmarken Brønnøysund an. Auf dem Programm steht wieder ein schneller Spaziergang mit den Young Explorern durch das Städtchen. Vorbei an prähistorischen Höhlen, Parkanlagen und einem See erreichen wir die Kirche von Brønnøysund.

Zurück am Hafen erreichen wir den Mittelpunkt Norwegens direkt an der Mole. Mit dem besten Softeis Norwegens kehren wir dann rechtzeitig zurück zum Schiff.

Direkt nach dem Ablegen nähert sich langsam das sechzehnte Highlight, der Torghatten, der berühmte Berg mit dem Loch und der letzte fehlende Teil der Sage.

„Es waren einmal sieben Schwestern. Sie tanzten fröhlich im Mondenschein. Da kam der grimmige Troll Hestmannen auf seinem Pferd herangaloppiert. Er sah die sieben Schwestern und verliebte sich in alle sieben.  Aber sie interessierten sich nicht für ihn und liefen vor ihm davon. Hestmannen folgte ihnen auf seinem Pferd. Als er bemerkte, dass er sie nicht einholen konnte, nahm er Pfeil und Bogen und schoss ihnen einen Pfeil hinterher. Dies beobachtete jedoch der König der Sømnaberge und warf seinen Hut in die Bahn des Pfeils. Der Hut wurde von dem Pfeil durchbohrt und landete auf der Insel Torgar. Die sieben Schwestern waren gerettet und tanzten wieder fröhlich im Mondenschein. Durch die wilde Jagd vergaßen alle wie kurz die Sommernächte im Norden waren. Als die Sonne aufging, erstarrten alle zu Stein.“ (frei nacherzählt von Alina)

Nach all diesen atemberaubenden Schönheiten machen wir nach dem Abendessen noch einen kleinen Spaziergang durch Rørvik, bevor wir uns früh in die Kabine zurückziehen, da es am nächsten Morgen in Trondheim in aller Frühe losgeht.

Der 11. Tag

Die Young Explorer jagen uns schon früh für eine Wanderung entlang des Trondheimfjords aus den Federn. Hier erleben wir das siebzehnte Highlight.

Die Wanderung führt uns nicht nur entlang der Küste des Trondheimfjords, sondern auch an vielen ehemaligen Bunkeranlagen der Wehrmacht vorbei, die von den Norwegern auf smarte Art und Weise umfunktioniert wurden, zum Beispiel eine Sauna in einem Bunker.  Ziemlich müde und zufrieden erreichen wir die MS Finnmarken. Weiter geht es Richtung Süden. Am späteren Nachmittag erreichen wir die wirklich schön gelegene Stadt Kristiansund.

Die Zeit ist ausreichend für einen kleinen Spaziergang an der Kaimauer entlang in der Abendsonne.

Der 12. Tag

Der 12. Tag steht ganz im Zeichen des Abschieds. Leider müssen wir schon gegen 10 Uhr die Kabine geräumt haben. Und mit Sack und Pack finden wir dann noch einen Sitzplatz in einem großen Aufenthaltsraum mit allen anderen Passagieren und warten darauf nach mehr als vier Stunden in Bergen anzulegen und auszuschiffen.

Abschied vom Lieblingsdeck!

Viel zu schnell geht es dann mit dem Bus zum Flughafen und dann nach Hause …

Corona – hat hier eigentlich noch jemand den Überblick?

Das Jahr 2020 neigt sich langsam seinem Ende und der nächste Lockdown steht uns unmittelbar bevor. Obwohl es ja nur ein halber Lockdown ist, ein Wellenbrecher, eine Notwendigkeit. Laut LEO bedeutet Lockdown Ausgangssperre. Was bedeutet dann ein halber Lockdown? Eine halbe Ausgangssperre? Vermutlich. So wird es ja auch umgesetzt: die Kinder dürfen in die Schule, aber sie dürfen nicht in die Musikschule. Meine Tochter darf in der Bläserklasse in der Schule Querflöte spielen, aber nicht zum (Einzel-) Klavierunterricht in die Musikschule gehen. In der Klasse ist sie zusammen mit 16 anderen Schülern in einem ziemlich kleinen Klassenzimmer. In der Musikschule ist sie zusammen mit ihrem Klavierlehrer in einem Raum. In der Schule ist sie ca. 6 Stunden, in der Musikschule 30 Minuten. Aber in der Klasse wird ja gelüftet, deswegen sollen die Schüler Decken mitbringen.
Es ist schon beeindruckend, welche tiefgreifenden Veränderungen das Schulministerium NRW innerhalb der letzten acht Monaten auf die Beine gestellt hat: Maskenpflicht (mal so, mal so) und Lüften. Zurück zum Vergleich Schule-Musikschule: Lüften ist in der Musikschule vermutlich auch möglich. Unserer Tochter könnten wir auch eine Decke mitgeben. Die hiesige Musikschule hat teilweise auch schon ein Digitalkonzept umgesetzt.
Wer kommt eigentlich auf solche Ideen? Und aufgrund welcher Argumente und welcher wissenschaftlichen Erkenntnisse?
Zu Beginn der Pandemie war die Datenlage extrem dürftig, aber ich hatte den Eindruck, dass da eine gewisse Linie in der Politik zu erkennen war. Aber spätestens seitdem einige Ministerpräsidenten auf die Nachfolge von Angie schielen, geht alles nur noch drunter und drüber. Auf welcher Grundlage werden die aktuellen Entscheidungen getroffen? Sitzen die Entscheider alle zusammen und würfeln aus, welche Maßnahmen jetzt getroffen werden?
Ich denke, dass viele verantwortungsbewußte Unternehmer viel Geld investiert haben, um die geforderten Hygienekonzepte umzusetzen oder oftmals noch darüber hinauszugehen. Aber da gibt es auch schwarze Schafe, die sich reichlich wenig Gedanken gemacht haben: Hauptsache der Rubel rollt. Und ab morgen müssen alle dichtmachen, egal ob sie viel Geld in Hygienekonzepte investiert haben oder eben nicht. Aber das ist doch alles gar nicht so schlimm: die Friseure haben weiter offen. Die Matte sitzt und der Hintern ist sauber, mehr brauchen wir Deutsche doch gar nicht.

Ich wollte mich noch bedanken, Ich wollte mich bedanken, dass wir all die schönen Dinge, die das Leben immer mal wieder lebenswert gemacht haben, nicht mehr dürfen. Ich wollte mich bedanken für all die schönen Stunden voller Perspektivlosigkeit und Depressivität. Vielen Dank an alle Arschlöcher, die sich in den letzten Wochen und Monaten einen Scheiß um die Hygienregeln gekümmert haben, die einfach feiern, saufen, tanzen und ihren persönlichen Ego-Trip auf Kosten der Gemeinschaft durchgezogen haben. Vielen Dank an alle Maskenverweigerer, Querdenker und sonstigen Wahnsinnigen. Wegen Euch haben wir die gleiche Scheiße wie im Frühjahr – nur noch viel schlimmer… Vielen Dank für all die sinnlosen Gesprächen mit Euch, die vor Nutzlosigkeit nur so strotzen, da offenbar Egoismus, Dämlichkeit, völlige Reflektionsunfähigkeit und Sturheit in der heutigen Zeit eine Renaissance erfährt (Übersetzung für Arschlöcher: weil ihr Arschlöcher seid!).

Vielen Dank auch an die Herren Laschet, Merz und Söder, denen offenbar die eigene Machtgeilheit über alles geht und denen es auch völlig egal zu sein scheint, ob alle anderen das mitbekommen oder ncht.

Was habt ihr eigentlich in den letzten 8 Monaten gemacht, außer mit peinlichen Aktionen zu versuchen Eure Machtposition zu erweitern? Habt ihr Euch um Konzepte zur Infektionsprävention gekümmert? Habt ihr die Digitalisierung in Bildungseinrichtungen vorangetrieben? Habt Ihr die Pflegekräfte gefördert, Krankenhäuser entlastet, Gesundheitsämter massiv verstärkt, neue Kassensitze für Psychotherapeuten freigegeben (um die immensen psychischen Konsequenzen für die Bevölkerung irgendwie abzufangen)? Nein, aber ihr könnt wochenlang darüber diskutieren, wieviel Kunden pro Quadratmeter Ladenfläche im Einzelhandel sein dürfen. Und ihr könnt Euch darüber echauffieren (Übersetzung für Arschlöcher: aufregen), ob und wann ihr Euren Parteitag abhaltet…

Selbst bei den Virologen, Wissenschaftlern und Ärzteführern scheint eine gewisse Hybris und der Wunsch nach immer mehr öffentlicher Aufmerksamkeit erkennbar zu werden. Inzwischen kursieren so viele widersprüchliche Meinungen, Studien zu allen möglichen Themen. Wer blickt da eigentlich noch durch? Und welche Rolle spielen Pharmaunternehmen, multinationale Unternehmen und die Marsianer? Nur eine traurige Wahrheit scheint absolut klar zu sein: die den Überblick haben sollten, haben ihn definitiv nicht!

Wir können nur hoffen, dass genügend Menschen zur Vernunft kommen, sich entsprechend der Hygieneregeln verhalten, sich freiwillig impfen lassen, die Corona-Warn-App benutzen und seine Verantwortung als Teil der Gemeinschaft nachzukommen.

Unsere Millenials – ich dachte es kann nicht schlimmer kommen…

Ich dachte immer, dass unsere deutschen Millenials eine furchterregende Generation darstellen: Blutleere Gestalten mit einem 20 mal pro Minute vibrierenden Handy vor dem Gesicht ohne Frustrationstoleranz, ständig auf Bedürfnisbefriedigung ausgerichtete Lebewesen ohne Reflektionsfähigkeit und Verantwortungsübernahme. Kurzfristige extreme Betroffenheit und ruptusartiges Nachlassen der gleichen Betroffenheit nach maximal zwei Tagen, Unfähigkeit längerfristige Beziehungen mit Höhen und Tiefen zu tolerieren, Aufmerksamkeitsdefizite durch permamentes Erreichbar sein und psychotische Zustände, falls das Handy für mehr als eine halbe Stunde unerreichbar ist, stellen charakteristische Merkmale für diese Spezies dar. Dazu kommt eine Chronische innere Unruhe bei gleichzeitiger maximaler Verleugnung des selben Zustandes.

Aber: es geht noch schlimmer! Asiatische Millenials toppen das alles. Ein Beispiel: Wir warteten auf die Abfahrt unseres Nordlicht-Chase-Buses. Es blieben noch 10 Sitze frei, aber die Abfahrtszeit war schon überschritten. Da stürmten 10 asiatische (vermutlich japanische) Millenials in den Bus und brachten mit ihrer Nervosität in Kürze den ganzen Bus durcheinander. Während der dreistündigen Fahrt durch die Dunkelheit waren einige dieser Millienials permanent am Essen. Entsprechend verteilten sie Krümel und Essenreste im eigenen Gesicht und im Umkreis von 1,50 Meter. Ein weiblicher Millenial knisterte die gesamte Fahrzeit mit einem Eßverpackung herum. Während der gesamten Prozedur glotzten diese Wesen permanent in ihr Smartphone und kommunzieren vermutlich mit anderen Milienials. Ich frag mich nur, worüber. Neben mir sass ein kleines Millenial und ihr Freund sass weiter vorne im Bus, weil sie ja zu spät gekommen sind. An einem Rastplatz kam ihr Freund zu ihr und rülpste ihr ins Ohr. Das war wohl offenbar eine Art Liebesbekundung. Ihr schien das nicht viel auszumachen. Das Geschehen ausßerhalb des Busses Nordlichter und so interessierte die Millenialcrew nur marginal. Zum obligatorischen Foto mit dem Nordlicht waren dann aber alle zur Stelle und hellwach. Auf der Rückfahrt zogen vornehmlich die männlichen Millenials im unregelmäßigen Rhythmus die Nase hoch. Wir reden nicht davon, dass man von draußen ins Warme kommt und die Nase ein bisschen läuft. Wir reden von Geräuschen, die sehr an den Pangalaktischen Donnergurgler erinnern. Und als er endlich aufhörte sich den Nasenschleim explosionsartig ins Gehirn zu pumpen, fing er an zu schnarchen. Ich erspare mir die Vorstellung, was nun mit dem donnergegurgelten Naseninhalten passierte, aber gesund hörte sich das nicht an.

Offenbar prägen andere Kulturen ihre Millenials anders als wir. Ich dachte nicht, dass es Lebewesen gibt, die noch abhängiger von ihren Smartphones sind als unsere Millenials. Beim Frühstück konnte ich einer asiatischen Familie zu sehen, wie sie diese Mahlzeit zu sich nehmen. Die beiden Stöppkes, geschätzt 3 und 5 Jahre alt, hielten mit einer bunten Plastikvorrichtung ihr darin enthaltenes Tablet vor sich. Die Eltern glotzten auch die meiste Zeit während des Frühstücks in ihr Smartphone. Ich hätte ja schon keine Lust das Multimedia-Arrangement zum Frühstück mitzuschleppen. Man kann sich vorstellen, wieviel Prozent des Essens tatsächlich im Mund des zukünftigen Millenials landet und wieviel auf dem Boden. Geschätzt 20% zu 80%. Unterm Tisch sah es aus wie auf einem Schlachtfeld. Die nächsten Gäste, die froh waren einen Tisch zu finden, wendeten sich angeekelt ab und suchten einen neuen Tisch. Zwischendrin haben sie sogar mal miteinander gesprochen. Wenn ich mir das so ansehe, wundere ich mich über gar nichts mehr.

Wir machen das ja auch nicht ideal mit den neuen Medien, da besteht durchaus noch Optimierungspotential. Aber das war schon sehr extrem und gibt einem so das Gefühl, vielleicht doch nicht alles falsch zu machen, wenn es um neue Medien geht. Und unseren Millenials kann ich nun mit einer viel positiveren Haltung entgegentreten: es könnte noch viel schlimmer sein.

Polarlichter – eine kritische Betrachtung

Die Hauptmotivation für unseren Trip nach Tromsö waren die Polar- bzw. Nordlichter. Im Vorfeld der Reise schauten wir uns die unglaublichen Fotos dieser spektakulären Naturschauspiele an und wollten unbedingt Zeuge davon werden. Hinweise in der Literatur, dass diese Phänomene in natura nicht so beeindruckend sind, haben wir schlicht und ergreifend überlesen bzw. ignoriert.

7 Tage Tromsö müssen genügen, um Nordlichter zu sehen, war meine persönliche Sichtweise. Nur so einfach ist es eben nicht. Vier Komponenten müssen zusammen kommen, damit Nordlichter beobachtet werden können.

  1. Lichtverschmutzung: Wenn es rundherum hell ist, wie es in einer Stadt halt nunmal so ist, wird es sehr schwierig. Um Nordlichter zu sehen, muss man sich in dunkle Gebiete aufmachen. Bei starker Aktivität soll es auch möglich sein Nordlichter in der Stadt zu sehen, aber ob man immer alles glauben soll?
  2. Dunkelheit: Nur bei völliger Dunkelheit am Himmel ist es möglich Polarlichter zu sehen. In der Polarnacht sind prinzipiell ideale Verhältnisse.
  3. Polarlicht-Aktivität: Die Aktivität von Nordlichtern ist sehr unterschiedlich und hängt letztlich von der Sonne ab. Hierfür wird ein sogenannter kp-Index genutzt. Während unserem Aufenthalt war der kp-Index meistens zwischen eins und zwei und repräsentiert eher schwache Aktivität. Eine Aktivität von drei war nur selten zu registrieren. Hohe Aktivitäten zwischen vier und sechs sind nur selten.
  4. Wetter bzw. Bewölkung: Der beste Standort und die höchste Aktivität nützt überhaupt nichts, wenn das Wetter schlecht ist. Für die Beobachtung von Nordlichtern benötigt man einen sternenklaren Himmel.
  5. Glück: Auch wenn alle drei Komponenten günstig sind, kann es passieren, dass keine Nordlichter auftauchen.

Im Winter kann es halt vorkommen, dass es tagelang bewölkt ist. Trotz besster Wettervorhersage macht das Wetter halt meistens doch, was es will und ist nicht programmierbar. Letztlich ist es eine ziemliche Lotterie.

Wir hatten das Glück im Rahmen einer Northern Lights Chase Nordlichter zu sehen. Der kp-Index lag bei 3, der Himmel war sternenklar (zumindest zeitweise) und nahe der finnischen Grenze war keine Lichtverschmutzung. Nur sehr beeindruckend waren sie nicht. Ich konnte keine Farben sehen und könnte das vermutlich nicht von Wolkenschwaden unterscheiden. Der entscheidende Unterschied ist jedoch die tänzelnde Bewegung der Nordlichter. Einheimische erzählen, dass die Nordlichter bei starker Aktivität durchaus farblich in grün und gelb erscheinen, aber das passiert nur selten. Das menschliche Auge kann leider nicht die Belichtungszeit verlängern, wie es bei einer Kamera möglich ist. Die Kamera kann das Licht viel besser einfangen und so diese fantastischen Bildern entstehen lassen.

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Das muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden, aber ein Flug nach Tromsö und eine drei-stündige Fahrt bis an die finnische Grenze steht für mich in keinem Verhältnis zu dem Erlebnis für ein paar Minuten vermeintliche Wolkenschwaden zu erleben. Um zu dieser Erkenntnis zu kommen, war es aber notwendig genau das einmal selbst zu erleben. Meine Frau fragte mich, ob ich enttäuscht sei angesichts der nicht so sehr beeindruckenden Nordlichter. Nein, bin ich nicht. Polarlichter sind wie sie sind und das ist gut so. Meine Erwartung war zu hoch und unrealistisch. Ich kann mir auch wünschen, dass die Alpen in lilablassblauen Farben erstrahlen, aber muss mich nicht wundern, wenn das nicht klappt. Meine Frau fragte mich auch, ob wir nach Tromsö zurückkommen, um es noch mal mit den Nordlichter zu versuchen. Meine spontane Antwort: Nein.

Letztlich haben wir Nordlichter gesehen und hatten das große Glück eine Erfahrung zu machen, die viele Menschen leider niemals erleben werden. Für diese Erfahrung bin ich sehr dankbar und damit ist es gut.

Das Young-Explorer Programm von Hurtigruten

Es klang schon sehr vielsprechend – das Young-Explorer Programm, denn wir befüchteten, dass sich unsere 9-jährige Tochter auf der Fahrt entlang der norwegischen Küste fürchterlich langweilen könnte. Unsere erste Begegnung mit dem Leiter des Programms war zugegeben ein wenig merkwürdig. Er beordete uns direkt nach Betreten der MS Finnmarken zur Sicherheitsunterweisung in den Konferenzraum. Beim ersten Treffen fremdelte unsere Tochter etwas mit der ganzen Geschichte und wir mussten sie ein wenig unsanft hinbegleiten. Der Leiter, Jan von Baudissin, schaffte es innerhalb weniger Tage den wilden Haufen zu bändigen. Die jungen Entdecker durften das ganze Schiff inspizieren. Dazu gehören auch Decks, die ein normaler Passagier niemals betreten darf, wie die Brücke, das Besatzungsdeck, die Wäscherei, die Recyclingabteilung und das Autodeck. Die gemeinsamen Treffen standen jeweils unter bestimmten Themenbereichen, die mit der Geographie Norwegens, der Flora und Fauna, der Geschichte oder Mythen und Sagen zu tun hatten. Südwärts standen diverse Outdoor-Aktivitäten auf dem Programm. Kurze Spaziergänge in Vardø zum Mahnmal der Hexenverbrennung, in Hammerfest, in Stokmarknes zum Hurtigruten-Museum, in Brønnøysund zum besten Softeis Norwegens und in Trondheim eine Wanderung entlang des Trondheimfjords.

Die Kids haben Jan sehr ins Herz geschlossen und entsprechend war der Abschied tränenreich. Wir wussten immer, dass unsere Tochter gut aufgehoben war und auch viele neue Dinge lernte. Insbesondere lernte sie eine neue ökologische Sichtweise auf die Welt und den Mut diese auch zu äußern.

Das Young-Explorer Programm war eines der vielen Bausteine, die die Reise zu einem wunderbaren Erlebnis machte. Ein ganz besonderer Dank geht an dieser Stelle an Jan von Baudissin und Hurtigruten, die die YoungExplorer möglich machten.

Hurtigruten – Ein satirischer Rückblick

Eigentlich sollte ich diese Reise erst antreten, wenn ich im wohlverdienten Ruhestand bin. Da hat man ja mehr Zeit, mehr innere Ruhe und mehr Geld. Und so haben es offensichtich viele Passagiere auf der MS Finnmarken auch gesehen. Die schwimmende Geriatrie war voll von Gehhilfen, Rollstühlen und typischen Gerüchen. Irgendwann wunderten wir uns, warum an der gesamten Fensterfront auf Deck 4 alle Stühle bis auf vier besetzt waren. Hier waren auch die Fenster am saubersten, so dass man eine schöne Aussicht haben hätte können, wenn da nicht dieser Geruch von Tena Lady in der Luft gelegen hätte.

Die innere Ruhe der Senioren war immer dann offensichtlich, wenn drei Rollatoren-Nutzer nebeneinander in den engen Gängen des Schiffs mit -0.5 km/h vor sich hin wackelten. Oder wenn präsenile Entscheidungsprobleme beim Buffet offensichtlich wurden. Zugegeben ist die norwegische Küche für Nicht-Norweger etwas gewöhnungsbedüftig. Aber ob es wirklich hilft, mindestens zehnmal auf das Schild über dem Buffet, das dreisprachig angab, um was für eine Speise es sich hier handelte, auf die angerichteten Speisen, wieder auf das Schild, wieder auf die Speisen, wieder auf das Schild diesmal ohne Brille, dann wieder mit Brille, dann auf die Speisen, dann auf die Speisen ohne Brille, wieder auf das Schild ohne und mit Brille zu sehen, entzieht sich meiner Kenntnis. Offensichtlich scheint es für die Entscheidung hilfreich zu sein, während dieses Prozesses mehrfach mit dem jeweiligen Vorlagebesteck in den Speisen rumzupicksen, um danach noch mal eingehend das Schild zu betrachten. Jedenfalls sind in dieser endlos langen Zeit Personen am Ende der Schlange verhungert zusammengebrochen.

Apropos Buffet. Von wegen innere Ruhe… Das Buffet war rechteckig angeordnet. Und an jeder Ecke standen Teller. Hier können sie Senioren im Kampfmodus erleben. Versucht man an irgendeiner Ecke in den Buffetkreislauf einzutauchen, wird man von extrem aggressiven Seniorinnen mit zwei Tellern in den Händen aufgeklärt, dass die Schlange nicht an dieser Ecke beginnt. Beim Versuch der verbalen Auseinandersetzung wird schnell klar, dass die höhere Kabinenkategorie die Lizenz zur aggressiven Rechthaberei beinhaltet und vor drastischen Maßnahmen wie Prügel oder Todesstrafe nicht zurückgeschreckt wird. Von deutschen Senioren kennt man so ein Verhalten ja, aber das norwegische Greise das ganze noch toppen würden, überraschte mich. Und wieso eigentlich zwei Teller? Einen für die Vorspeise und einen für die Hauptspeise … Hätte die Evolution uns drei Arme beschert, wäre auch noch Platz für einen Nachtischteller gewesen.

Einmal gab es vegane Hafertaler. Als eingefleischten Fleischfresser sind mir vegane Genüsse vollkommen unbekannt. Aber als weltoffenen Menschen wollte ich der lokalen norwegischen Küche eine Chance einräumen. Ich hätte bemerken müssen, dass sogar die beste Ehefrau von allen, die der veganen Küche durchaus positiv entgegensteht, diese Hafertaler verschmähte. Augen zu und durch und die Hafertaler wurden heruntergewürgt mit schlimmen Konsequenzen. Ich dachte Montezumas Rache ist nur in Mexiko bekannt. Einige Tage später gab es bei einem Buffet wieder diese speziellen Hafertale. Mir wurde schlagartig übel, selbst beim Schreiben dieser Zeilen rumort es schon wieder in meinem Magen.

Auch schön war der Kampf ums Panoramadeck auf Deck 8. Als wir das erste Mal versuchten dort einen Platz zu ergattern, umschmeichelte ein Geruch aus Verwesung, Urin und Uralt Lavendel unsere Nasen. Auf vielleicht hundert Panoramastühlen saßen kumuliert vier Millionen Jahre. Statt die wunderbare Aussicht zu genießen wurde geschnarcht, gestrickt, gelesen und Erfahrungen zu vielfältigen Erkrankungen ausgetauscht. Selbstverständlich wurden diese Stühle in Verlauf der Reise mit Handtüchern, Schals, Jacken etc. belegt, so dass das Panoramdeck im Besitz der Grauhaarfraktion blieb. Bis es zu einer herrlichen Durchsage kam: in fünf Minuten wird das Panoramadeck inspiziert und herrenlose Gegenstände entfernt. Ab diesem Zeitpunkt war es möglich Stühle zu ergattern, wenn man sich mit den Gewohnheiten der Grauen hinsichtlich Essenszeiten, Mittagsschläfchen, etc. beschäftigte und die Senioren austrickste. Dann sah man verzweifelte Senioren über das Panoramadeck schleichen in der Hoffnung, dass sie gebrechlich genug aussahen, um das Mitleid der jüngeren Generation herauszufordern und einen Platz angeboten zu kommen. Ich war inzwischen von den unzähligen Begegnungen mit der Grauhaarfraktion so entnervt, dass einfach kein Mitleid aufkommen wollte.

Besonders angetan hat es mir eine deutsche Oberstudienrätin, die sich bei der Restaurantchefin lautstark beschwerte, dass sie am vorherigen Tag keinen Käse zum Nachtisch bekommen habe und nun darauf bestand heute und morgen Käse zum Nachtisch zu bekommen. Warum sie beim Abendessen die gefühlt hundert herumrennenden Ober nicht nach dem Käse gefragt hat, blieb ihr Geheimnis. Eines der wenigen Kinder an Bord belehrte sie oberlehrerhaft, ob er den wisse, was für eine besondere Reise dies wohl sei. Unglücklicherweise war ihr die Lautsprecherfunktion ihres Handy bekannt, so dass sie das gesamte Cafe auf Deck 4 mit der Unterhaltung mit ihrer besten Freundin beglückte. Glücklicherweise stellte sich bei mir im Verlauf der Reise eine innere Ruhe ein, so dass die Rufe Frau über Bord nicht erschallen mussten. Hätte ich das mal besser getan… Im Flugzeug auf der Heimreise sass die besagte Dame in der Reihe vor uns. Sie hatte sich wohl eine bakterielle Infektion eingefangen, die auf dem Schiff grassierte und belaberte einen bemitleidenswerten jungen Norweger mit ihren Lebensweisheiten. Und sie verteilte ihre Erreger über die Lüftung über das ganze Flugzeug. Als Konsequenz der Dauerbeschallung der Frau Oberstudienrätin erkrankten meine Frau und ich zwei Tage später an dem gleichen Infekt. Der junge Norwegen wird vermutlich an den Folgen der Masseninfektion gestorben sein.

To be continued…

Dortmund – Bayern: Eine Nachlese

Die ersten 30 Minuten gehörten zu dem Besten, was ich je von den Bayern gesehen habe. Intensives Pressing, Gegenpressing, Zweikampfstärke, absoluter Willen und das alles vor der „legendären“ Süd. Schräg gegenüber in der Bayern-Kurve war die Hölle los. Unser „Sitzplatz-Operetten-Publikum“ rastete völlig aus und skandierte die altbekannten Gesänge. Die gelbschwarzen Anhänger blickten mehrfach verwundert herüber. Ich selbst war nach 30 Minuten heiser und kalt war es nicht. Nach 30 Minuten war ein bisschen die Luft raus. Ich denke, die erste halbe Stunde war einfach total anstrengend. Der Rest der Halbzeit plätscherte vor sich hin, allerdings ohne dass Dortmund besonders viel Zugriff auf das Spiel bekam. Zu Beginn der 2. Halbzeit mussten unsere Ultras wieder ihre Profilneurose ausleben und zündeten Bengalos. Besonders hilfreich war das nicht, denn es führte zu einer seltsamen Stimmung in unserer Kurve und im Stadion. Insbesondere war das ein blöder Moment, weil ja klar war, dass Dortmund nun massiv Druck ausüben würde. Leider hat dann unser Tor-Gigant einen Fehler gemacht, der zum Elfmeter und zum Tor führte. Psychologisch passierte das zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Und trotzdem schlagen unsere Jungs zurück und schaffen die erneute Führung. Und in der Kurve war wieder der Teufel los. Und die Bayern versuchten noch nachzulegen, statt sich einfach nur hinten rein zustellen. Mit ein bisschen Glück wäre kurz danach das 1:3 gefallen, Ich bin mir sicher, dass das Spiel völlig anders gelaufen wäre, „Wäre, wäre, Fahrradkette“. Dortmund konterte unsere Mannschaft aus und bestrafte gnadenlos unsere Fehler. An diesem Punkt im Spiel  hätte es noch schlimmer kommen können. Gegen Ende des Spiels bäumten sich unsere Jungs noch einmal mit letzten Kräften auf und (wieder) mit ein bisschen Glück hätte es 3:3 ausgehen können. Was für ein Spektakel! Dortmund ist leider in dieser Saison sehr stark, da sie in dieser Saison irgendwie (bayernlike) an sich glauben und auch mal mit Abwehr und Torwart spielen.

Ein Super-Spiel mit einem traurigen Ende.

Mir hat es gezeigt, dass vieles bei den Bayern stimmt. Ich hab auch gesehen, dass die anderen Mannschaften endlich ihre Hausaufgaben gemacht haben und es nun wieder spannend zugeht in der Bundesliga. Und ich habe eine Mannschaft gesehen, die Unterstützung von ihren Fans dringend braucht. Nach dem Spiel standen die Spieler verloren vor unserer Kurve und schienen ein bisschen überrascht, dass sie so gefeiert wurden. Sie brauchen jetzt unseren Rückhalt, sie brauchen jetzt echte Fans, aber keine erfolgsverwöhnten Nörgler. Wir haben, glaube ich, ein bisschen vergessen, was es heißt ein echter Fan zu sein und was dazu gehört: zu leiden und zu feiern.

Überlegungen für eine Strategie gegen die AfD – Sichtweise eines Psychotherapeuten

Warum wird die AfD immer stärker, obwohl die demokratischen Parteien diese Partei mit großer Vehemenz und Engagement bekämpfen? Ich nehme Bezug auf einen Schlagabtausch im Deutschen Bundestag zwischen Martin Schulz (SPD) und dem Mann mit der Hundekrawatte.  Schulz benennt Aussagen vom MmHk als „Faschismus“ und am Ende benutzt er auch noch das Wort „Misthaufen“. Was wird ein AfD-Wähler mit diesem Angriff tun? Wir wünschen uns, dass er endlich versteht, dass die AfD ein Konglomerat aus Nazis ist und sie nicht mehr wählt. Wir hören ja auch überall, dass die Wähler der AfD dumm, extrem rechts und überhaupt einfach daneben sind. Nehmen wir einmal kurz an, dass diese Charakteristik wirklich den Tatsachen entspricht: was versteht so ein dummer Nazi, wenn sein „Rudel-Führer“ angegriffen wird: „Ich muss ihn gegen alle etablierten Parteien rigoros verteidigen.  Mit anderen Worten die Rede von Schulz treibt ihn nur noch näher zur AfD.  Es mag sein, dass tatsächlich solche Menschen die AfD wählen. Vermutlich wählen aber ganz andere Menschen diese Partei.  Deutsche, die Angst haben vor Überfremdung, vor Terrorismus, vor Vertreibung aus dem eigenen Land, vor Ungerechtigkeit und vor Islamisierung. Menschen, denen kaum jemand zuhört, die kaum jemand ernst nimmt, die bei der ersten Gelegenheit, wenn sie sich trauen ihre Meinung zu sagen, als Nazis beschimpft werden. Wie wird so ein Mensch auf die Rede von Martin Schulz reagieren? Oh, da hat er Recht, da hab ich mich wohl verwählt. Bestimmt nicht. Dieser Mensch hat sich gut überlegt, wo er sein Kreuz auf dem Wahlzettel platziert. Und wenn er die Rede von Schulz hört, dann wird er als Wähler dieser Partei stellvertretend wieder als Nazi verunglimpft. Wird das dazu führen, dass er über die grundlegende Aussage von Schulz hört? Nein, er wird sich gedanklich verteidigen und er wird der Replik vom Rudel-Führer innerlich Beifall zollen, weil er ihm mit seinen Aussagen bei seiner innerlichen Verteidigung hilft. Und so wird auch dieser Mensch näher an die AfD gedrängt, wird vielleicht bestehende Zweifel verdrängen und wird immer mehr ein Stammwähler. Und so passiert das immer wieder…und so wird die AfD immer stärker. Umso mehr wir uns über die AfD lautstark aufregen, umso mehr treiben wir Menschen in ihre Arme.

Ich postuliere zwei Grundstrategien, um die AfD zu bekämpfen.

1. Ängste ernst nehmen: Menschen, die Angst vor Überfremdung haben, sind nicht gleich Nazis. Sie haben Angst. Hilft es jemanden, der Angst hat, wenn man ihm sagt: „Das ist doch gar nicht so schlimm“ oder „Das stimmt doch gar nicht“? Nein, aber er fühlt sich weniger ernst genommen und wird sich gut überlegen, ob er das so nochmal äußert. Er wird stiller und die Angst wird immer größer. Wir müssen den Menschen mit ihren Ängsten zuhören, sie ernst nehmen, Verständnis aufbringen und sie nicht bewerten bzw. abwerten.

2. Menschen ändern ihre Überzeugungen, wenn sie diese selbst hinterfragen, wenn sie selbst Gründe finden, warum die ursprüngliche Überzeugung nicht mehr richtig sein kann. Insbesondere Politiker glauben, sie müssten uns dabei helfen komplexe Zusammenhänge zu bewerten und uns zu erklären, was richtig und was falsch ist. Ich denke, dass können wir selbst. Und auch wenn einer meinungstechnisch in die falsche Richtung schwimmen sollte, dann nennt man das Meinungsvielfalt. Wir brauchen keine Besserwisser, die uns erklären, wie die Welt funktioniert. Kluge Menschen sollten uns Fakten präsentieren, die wir nicht kennen, aber nicht die Interpretation. Statt vehement zu betonen, dass im Reichstag schon mal solche Dinge gesagt wurden, wäre es viel besser Originalzitate von damals vorzulegen und den Transfer dann dem mündigen Bürger zu überlassen.  Es ist viel effektiver, wenn sich die AfD selbst von innen zerstört, weil die Menschen eigenständig erkennen, wo die Widersprüche, die Unwahrheiten und die faschistischen Ideologien liegen.

Der geneigte Leser wird nun möglicherweise entgegnen, dass die Wähler der AfD doch zu dumm für so etwas sind. Und genau an dieser Arroganz wird die AfD Tag für Tag stärker. Wer hier Parallelen zu 1933 erkennt, der wird möglicherweise ein Umdenken bei sich selbst in Gang setzen…

 

Eine Vision – FC Bayern 2019

Der FC Bayern ist zum sechsten Mal hintereinander Deutscher Meister geworden. Die nationale Konkurrenz ist weit abgeschlagen und chancenlos. Für das erklärte Ziel den Gewinn der Champions League reicht es aber dann am Ende auch nicht. Macht es für den FC Bayern Sinn den Weg wie Barca oder Real einzuschlagen und einen absoluten Superstar zu verpflichten?

Nein, wir haben den Raumdeuter und Stolperkönig (liebevoll gemeint) Thomas Müller, unsere absolute Identifikationsfigur. Warum sollten wir nicht einen ganz anderen Weg gehen? Mit dem neuen Trainer Niko Kovač haben wir vermutlich den richtigen Trainer für diesen neuen Weg. Warum nicht eine schlagkräftige Truppe für die nächsten Jahre aus jungen Talenten aufbauen?

So könnte unser Team in der nächsten Saison aussehen (in Klammern Backup und ggf. Mentor):

Tor: Früchtl (Hoffmann, Neuer, Ulreich)

Innenverteidiger: Süle, Mai (Hummels, Martinez)

Außenverteidiger: Kimmich, Alaba (Rafinha, Götze)

Mittelfeld: Martinez, Tolisso, Goretzka, James, Müller

Außenstürmer: Coman, Gnabry (Robbery)

Sturm: Arp (Wagner, Müller)

Für die alternden und abwanderungswilligen Lewandowski ((120 Mio), Vidal (50 Mio), Thiago (70 Mio) und Boateng (50 Mio) sollten wir so viel Geld wie möglich raus schlagen. Wir müssten nur noch Jan-Fiete Arp für 10 Mio vom HSV verpflichten und ihm und den anderen Talenten Früchtl, Mai, Goretzka und Gnabry Einsatz Garantien zusagen.

Die so gewonnenen 280 Mio stecken wir in Verträge und Vertragsverlängerungen, wenn dann die Scheichs unsere jungen Wilden verpflichten wollen.

Wir würden zwar in der Champions League in den kommenden zwei Jahren nicht mithalten können, national sind wir bestimmt vorne mit dabei. Wenn das wirklich funktionieren würde, hätten wir vielleicht in zwei Jahren eine schlagkräftige Truppe, die den anderen Teams international und national das Fürchten lehrt und vielleicht eine neue Ära prägen würde.

Entgegen stehen nur der Altersstarrsinn der Herren Rummenigge und Hoeneß und die vielen erfolgsverwöhnten Erfolgsfans, die das mal verkraften müssten, wenn es keinen Titel gibt.

Diskussionsbeiträge sind willkommen.